Tricastella - Sarria

663,2 km

Der Schock sitzt tief

Leute Leute Leute,
diese Nacht war definitiv die Schlimmste von allen.
Es wird 100%ig auch keine Schlimmere mehr folgen können.

In der Herberge gab es mehrere Schlafräume.
Leider haben wir keinen für uns 3 bekommen und so haben wir uns aufgeteilt.
Simon war im rechten mit 7 anderen und Danni und ich im linken mit 2 anderen.

Nachdem wir uns gestern fertig gemacht haben und alle ins Bettchen sind, guckte ich mir noch ein paar Sachen im Internet an und schwelgte in Erinnerungen mit meinen Berlinabschied und Urlaubsvideos.
Während ich so an meine Freunde in Berlin, meine Vergangenheit und das Erlebte nachdachte, krabbelte es auf einmal in meinem Nacken.
„Arghh “bestimmt eine Spinne...
Brrrrr „schnell weg schlagen“
Ich drehte mich um und leuchtete mit der Taschenlampe auf das Kopfkissen.
Leider war es keine Spinne!
Ein kleiner brauner Käfer war es...

„Bitte bitte, keine Bettwanze“!

Ich googelte und der Treffer war ein absolutes Ebenbild dessen Käfers auf meinem Kopfkissen...

Wie ein warmer Schauer, ging es von meiner Magengegend bis in den Kopf!

Das darf doch nicht wahr sein..

So oft am Weg drüber geredet und jetzt krabbelt so ein Viech auch noch in meinem Nacken rum.

Mittlerweile war es 0 Uhr und ich weckte die anderen 3.
Zeigte ihnen den Käfer und sah in lauter betroffene Gesichter.
Man sah richtig das keiner so recht mit der Situation umgehen konnte.
Es war eine Mischung zwischen Lächeln des Galgenhumors wegen und angewiedert vor lauter Ekel sein.

Da keiner so recht wusste, was zu tuen ist, packte ich das Tier erstmal in Klopapier und spülte es die Toilette runter.

Währenddessen holte jeder sein Handy raus und googelte um die Wette.

Hätte ich mal besser nicht gegoogelt.

Eine Frau berichtete von über 150 Bissen alleine nur am Arm, ein Mann schrieb, das es 6 Monate dauerte bis die Bisse endlich weg gingen.
Eine weitere Person schrieb das lauter Narben zurück bleiben.

Als ich gelesen habe, welche Jagdtaktiken sie so haben und ich mich an das Krabbeln im Nacken erinnerte, musste ich mich fast übergeben.

Wir rückten die Betten von der Wand,
Räumten die Rucksäcke ins Badezimmer und beleuchteten jeden Winkel.

Bevor wir beim ankommen die Betten bezogen, sagte ich noch zu Danni, schön die Mattratzen inspizieren.
Ich weiß nicht wieso ich das im Gefühl hatte, aber diesen Tag habe ich extra unter den Mattratzen geguckt aber auch nichts gefunden.

Wie gesagt stand im Internet , die Betten von der Wand, Decken und Stoffe vom Boden weg.

Es war mittlerweile 00:30Uhr und wir beschlossen die Herbergsmutter an zu rufen.
Da Danni mit ihrem Italienisch halbwegs verstanden wird, ließen wir sie es machen.
Nachdem sie der Dame alles geschildert hatten, hörten wir alle das Entsetzen am Telefon:

„uiuiui uiuiuiui uiiiiiiii uiiiii madre mio uiiiiiiiii“

Die Dame war genauso geschockt wie wir.
Sie käme gleich, versprach sie.

Man konnte die Anspannung wirklich fühlen.
Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit hatte ich ein beklemmtes Gefühl in der Magengegend.

„Was kann man tuen Dennis, du hast doch sonst immer noch ne Idee“ sprach ich zu mir selbst.
Ich spielte Szenarien im Kopf durch, einfach weiter zu gehen, aber um die Uhrzeit kämen wir um 6-7 Uhr an und keiner würde uns Einchecken lassen.
Ich überlegte ein anderes Plätzchen im Haus auf zu suchen , aber dadurch das es klein war und alles aus Holz beschaffen war, welches in jeder Ecke 100 Fugen, Lücken und Löcher hatte, wusste ich sie können überall sein.

Mit Intelligenz war da nicht mehr weiter zu kommen, ich musste wie immer die altbewährte Weissheit des Lebens anwenden:

Angriff ist die Beste Verteidigung! ;)

So machte ich mich auf Jagd und beleuchtete jede Ecke, hob alles an und drehte jedes Möbelstück.
Angesteckt von meinem Jahdtrieb taten es mir die anderen gleich.

Vorbei war das tatenlose googeln und die beklemmende Stimmung.
Wir waren auf einem Todesfeldzug gegen hinterhältige, blutsaugene Ekelviecher, welche sich im Schutze der Dunkelheit hinterrücks an dich ran schleichen und aussaugen wollen.

Es dauerte nicht lang, da schrie es aus der anderen Ecke „Hier,Hier,Hier“.
Ich lief hin und da krabbelte es über dem Holzboden.
Flacher Körper wie bei einer zecke, aber um einiges größer.
Eindeutig  Exemplar Mistviech!!!
Ich quetschte es mit Toilettenpapier und zeigte es allen.
Aufeinmal bewegt es sich wieder...
4x musste ich mit aller Kraft auf den Boden drücken und wischen, damit dieses Ding überhaupt kaputt ging.
Was für widerstandsfähige Bestien.

Weiter der Fußleiste entlang...
Daaaa, wieder eins..
Diesmal platzte es wie eine überreife Frucht.
Die muss schon ein paar ehemalige Pilgerer in den vergangenen Nächten erwischt haben.
Unglaublich wieviel Blut die in sich trug.

Ich weiß, einigen wird es jetzt überall Jucken und zum Teil wird euch genauso schlecht wie mir gehen, aber es soll ja auch ein 4D Blog sein, wo ihr das erlebte emotionstechnisch nachfühlen sollt.
Genießt also meine Gefühlswelt zu dem Zeitpunkt ;))

Nach 3 gekillten Monstern, führte es uns dann doch wieder zurück auf die Betten und wir warteten auf die Dame.

Wir hatten nun die Gewissheit, das es sich nicht nur um eine handelte, sondern ein ganzes Kampfgeschwader im verborgenen lag.
Mit dieser Tatsache wussten wir auch, das wir nicht in dem Raum bleiben werden.

Als Seniora dann endlich eintraf, kreuzigte sie sich erstmal gefühlte 125x und entschuldigte sich gefühlte 455x.
Sie sprach mit Danni auf spanisch und wir lauschten gespannt, zu welcher Lösung die beiden kommen werden.

Während des Gesprächs, ging sie mit einem Insektenspray im Zimmer umher und haute die Ladungen in die Ritzen und Rillen.
Langsam war es dann immer unlustiger, da ich bezweifle das es gut für unsere Atemwege war, die Chemeikalien während unserer Anwesenheit frei zu setzen.
Ich hielt mir ein Bettlaken vor die Nase und war kurz davor auf zu stehen und jetzt energisch eine Lösung zu erbitten.

Da hieß es dann, wir könnten uns unten und oben auf jeweils 2 Couches verteilen.
Mehr könne sie um diese Uhrzeit nicht machen.
Die anderen beiden entschieden sofort, weiter zu gehen.
Die hatten sich so in Panik gelesen, die wollten nicht eine Sekunde länger in dem Haus bleiben.

Ich wog also die Möglichkeiten und die Risiken ab und kam zu dem Entschluss, das unten die Couch die vernünftigste Lösung war.
Der Raum war gros + angrenzende Küche,
die Nacht war eh nicht mehr lang, die Sofas waren eine Etage tiefer, also gab es Hoffnung das es da noch keine Bettwanzen gab und alles andere wäre einfach nur pures leiden gewesen.
Draußen schlafen verdammt kalt, 5-6 Stunden auf ne Unterkunft hoffen, wenn man weiter läuft zermürbend...
Ne wir bleiben und machen dann nur 20 anstatt 30km.
So war der Plan.
Danni willigte ein und wir packten die Sachen und zogen runter.
Die anderen Pilger bekamen von dem ganzen Spuk nichts mit, die Glücklichen.
Simon schrieb ich eine Nachricht und teilte ihm mit was passiert ist.
„Wenn du das hier liest, sind wir vielleicht schon Tod“ ;)))

Wir starben wiedererwartend nicht.
Um 7Uhr kamen die ersten Pilger und suchten die Küche auf.
Alle waren verwundert, warum wir auf den Sofas schliefen.

Einer fragte Danni, ob alles voll gewesen sei und sie meinte, ne wir hatten oben Betten!
Er sagte dann nur aha und wollte garnicht mehr wissen.
Ich glaube er ahnte was kommen würde und entschied sich, lieber nichts davon wissen zu wollen ;)

Wir machten uns fertig, warteten auf die Herbergsmama, da wir unser Geld wieder bekommen sollten und sind dann so schnell wie möglich abgehauen.

Simon lachte sich schlapp.
Er hatte von dem ganzen Spuk nichts mitbekommen und war erleichtert ausgeruht und fit zu sein.

Da er unbedingt rechtzeitig in Santiago ankommen möchte, schickte er seinen Rucksack trotzdem die 30 km und meinte, das er uns dann leider heute verlassen müsse.
Wir könnten ja aber noch zusammen die 20 km laufen und dann uns verabschieden.

So liefen wir dann erstmal los.
Mein Ekel war noch nicht verflogen und jede 15-30min machte einer nen Witz über diese Viecher.
Toll, neben Flugangst und Füßen hab ich nun ein weiteres Kryptonit.
Solch Traumas los zu werden dauert Jahre ;/

Ich fragte mich womit ich das verdient habe und andererseits haben wir sie ja bemerkt und sind so einem größeren Disaster entgangen.
Vielleicht wurden ja andere bestraft und wir kamen nur zu einem ungünstigen Zeitpunkt hinzu.

Kann man alles so und so sehen ;)

Das neue Ziel nach dieser Nacht hieß also Sarria.

Bei der ersten Frühstückspause trafen wir dann auch Melli wieder, sie war mit einem holländischen Farmer unterwegs, den sie wohl in der Herberge kennengelernt hat.
Ich berichtete von der Bettwanzen-Geschichte und man sah ihr förmlich an, das sie sehr glücklich war, gestern vorher schon eine Unterkunft Gesicht zu haben.
Ich denke diese Geschichten klingen auch besser, wenn man sie als Außenstehender miterlebt und nicht als Beteiligter ;)

Simon, Danni und ich zogen dann weiter und wir verabschiedeten uns von Melli mit einem Camino bekannten „Sehen uns“ ;)

Seitdem Simon dabei ist, parodieren wir immer mal wieder gerne bei jeder Gelegenheit das Leben des Brain oder andere Filmklassiker.
Simon hat ein ähnliches Gedächtnis was Filme angeht und hat auch ein gutes Gespür welche Szene gerade zum erlebten Moment passt.
So perfektionierten wir es Stück für Stück, bis wir dann heute alle 10min irgendein Klassiker raus hauten.
Er: „Hast du mich gerade angespuckt“?
Ich: „Sie haben dich angespuckt“?
„Duuuu Glücklicher, mich haben sie nach Monaten erst gestern richtig rum aufgehängt“

Ich: „Was hab ich denn getan“?
Er: „Er hat Jehova gesagt“
Ich: „Jehova, Jehova,Jehova“!!
Er: „Ist hier Weibsvolk unter uns“?

Er: „Dennis kannst du mal bitte die Klappe halten“
Ich: „Schlag ihn Zenturius“!!!

(Leben des Brian)

Liest sich vermutlich total unlustig, Live und mit Stimmenverstellung war es herrlich und so begleitete es uns den ganzen Tag ;)

Wir machten fast bei jeder Bar die auf dem Weg war Pause und ließen und ziemlich viel Zeit, den Weg zu beschreiten, Rekorde würden wir so keine aufstellen.
Nach 4 Stunden Schlaf und solch einem Trauma, war daran aber auch nicht zu denken.
Gehen wir mal wieder den Piet-Way ;)

Als wir dann so 5km vor Sarria waren, hiess es langsam Abschied nehmen.
Simon wollte ja Gas geben und so schnell wie möglich ankommen.
Er war aber auch langsam kaputt und die Faulheit brachte die Überlegung ins Spiel, mit dem Taxi die restlichen km zu fahren.
Ich hielt ihm vor Augen das das ja irgendwie nicht cool ist, uns einfach zu verlassen und dann noch zu fuddeln, wenn er mit dem Taxi weiterfährt.
Dann könnte er auch den Rucksack mit dem Taxi bringen lassen und noch 1-2 Tage mit uns mitlaufen.
Wenn es am Ende knapp wird, kann er immernoch mit dem Taxi überbrücken.
Es wurden alle „wenn“ und „abers“ hoch und runter geredet.
Am Ende siegten unsere abers und wir riefen bei dem Rucksacktransferdienst an, erzählten ihnen, dass er nicht mehr weiter laufen kann und der Rucksack unbedingt nach Sarria kommen muss.
Für 18 Euro war das kein Problem und so blieb die Truppe noch zusammen, was uns alle sehr erfreute.

Aus der Ferne ist das schwer nach zu vollziehen, aber die Menschen die man hier trifft,wachsen einem schnell ans Herz.
Man gewöhnt sich in kürzester Zeit aneinander und gefühlstechnisch ist es so, als wenn man sich schon Jahre kennen würde
Jeder Abschied ist da immer harte Kost und hinterlässt jedesmal eine Leere.
Da Simon genialen Wortwitz besaß und die geistigen Duelle mit ihm richtig Spaß gemacht haben, wäre ich in der Tat traurig gewesen, wenn er abgehauen wäre.
Auch wenn er glücklicherweise in Hamburg wohnt und man sich jederzeit Wiedersehen kann, wäre der Camino ein wenig grauer ohne ihn gewesen.

So gab es aber kein Grund Trübsal zu blasen, sondern wir konnten uns weiterhin aneinander erfreuen ;)

Dadurch konnte ich mich dann wieder voll auf mein Trauma konzentrieren.
Was ist, wenn eines der Viecher es in meinem Rucksack geschafft hat.
Im Internet stand, das die gerne den kostenlosen Shutteltransport zu dir nach Hause nehmen.
Heute wird erstmal alles auf 60 Grad gewaschen.
Stell dir mal vor, ich bring die Dinger mit nach Hause,stehe morgens auf und da sitzt eine Bettwanze am Fußende, zeigt mir den langen Finger und streckt mir wackelnd den hintern entgegen.

Meine 160qm zuhause wären ein Eldorado für wachsende Mistviecher-Populationen ....

Mich juckts beim schreiben.....

Vertrau dem Camino, Dennis, vertrau dem Camino!

Falls ich euch in den nächsten Wochen frage, ob ich bei euch schlafen kann, oder ob ihr mal vorbei kommen wollt;
Ich verstehe wenn ihr keine Zeit habt ;))

Ich kann euch aber leider nicht sagen, wann die Gefahr vorbei ist.
Normalerweise verhungern sie nach 10 Wochen.
Am Besten untersucht ihr vorher meine Haut nach Bissen, bevor ihr euch in meine Nähe wagt ;))

Bis dato bin ich Bissfrei, mal sehen ;)

Um 16Uhr kamen wir dann endlich an.

Wir suchten eine Bar unweit vom Hotel auf und tranken erstmal 2-3 Radler (Klara in Spanien).

Unterwegs haben wir ein nettes hotel gebucht.
Wir konntne nach der Nacht nicht wieder in eine Herberge, wir brauchten ganz dringend ein gemütliches Hotelbett und Ruhe..
Lärmbelästigung ist das eine, aber ein Angriff auf meine körperliche Unversehrtheit etwas ganz anderes ;)

Als wir da saßen kam aufeinmal Marc dazu.
Er war schon Eine Nacht da und meinte das er wieder vernünftig laufen könne.
Zur Demonstration hüpfte er 1-2x klatschend in die Luft.
Seehr feligran, fast schon anmutig musste ich neidlos anerkennen.
Glatte 10 beim Pferdespringen sagte ich ihm.

Die letzten 100 km will er jetzt richtig durchziehen und am Ende seine Urkunde ehrlich erarbeitet haben.

Wir Klönten noch ein wenig rum, bis wir dann auch  los mussten um uns mal zu duschen und fürs Abendessen fertig zu machen.

Als wir das Hotel bezogen, gab es nochmal richtig Action.
Es war ein schickes Haus mit mehreren Zimmern.
In der ersten Etage waren 3 Zimmer, wovon 2 uns waren und eines einem älteren Ehepaar.
Das Pärchen muss wohl bewusst in das schönere Zimmer gegangen sein, obwohl ihnen ein anderes gezeigt wurde.
Dieses Zimmer war aber 10 Euro teurer weil es eine höhere Kategorie hatte.

Als der Sohn des Vermieters dies bermerkte, begann eine herrliche Unterhaltung mit ganz viel Emotion auf spanisch.

Der ältere Mann fühlte sich beleidigt und gab den Vermietern die Schuld, der Sohn sagte, er habe es ganz klar beschrieben und es folgten Diskussion über Respekt vor dem Alter und wer wen als Lügner bezeichnet.

Wir hielten uns raus und lauschten gespannt dem Spektakel.
Ich wollte eigentlich sagen, ist egal, aber die wahren so in fahrt, das ich nicht dazwischenfunken wollte :)

Schließlich rief der Sohn seine Mama an und die kam dann um die Situation zu klären.
Sie fragte uns ob wir das Zimmer haben wollen oder die anderen beiden nehmen.
Sie würde den Raum auch extra nochmal reinigen.

Ich wollte nicht, das jeder hier nochmal nen großen Staatsakt abhandeln muss und meinte , das es ok ist, wenn die da drin bleiben.
Wir nehmen die anderen beiden.

Die Dame schenkte uns daraufhin noch einen Sekt, was bei mir natürlich zu großer Freude führte ;)

Um 20Uhr kamen dann Simon und Melli.
Wir nahmen in der Lobby, also eher dem Wohnzimmer platz und gönnten uns das prickelnde Tröpfchen bei netten tiefgründigen Gesprächen über Rhetoriktechniken.

Dabei brach Simon zur Sprache, das es bei mir oft wirkt, als wenn ich hinter meine Sätze kein Fragezeichen setze und deswegen es einem oft so vorkommt, als sei ich nicht an anderern Meinungen interessiert.
Es wirke so, als wenn ich nur mein im Leben angesammeltes Wissen in einer riesigen Lawine von der Leine lasse und daraufhin garkein andere Meinung mehr hören möchte.

Ich muss gestehen, das mich dieses Vorurteil sehr häufig im Leben ereilte und ich dadurch auch oft zu Unrecht als eingebildet oder hochnäsig abgestempelt wurde.
Gerade Menschen die mich nicht richtig kennen, sind manchmal davon sehr abgeschreckt.

Jetzt kann ich natürlich zum einen erwidern, das mich herzlichst wenig interessiert, was andere über mich denken oder welches Gefühl ich Ihnen vermittel, da meine Freunde und Familie wissen wer und wie ich bin, aber so leicht wollte ich mir die Antwort dann doch nicht machen und erklärte Simon was genau im Detail dahinter steckt.

Wenn du einem Menschen eine direkte Frage stellst, wird er IMMER in sekundenschnelle berrechnen, warum du das fragst, wie er zu mir steht, wieviel er preisgeben möchte und was er von mir will.
Seine Antwort wird also immer zu einem gewissen Anteil verfälscht sein.
Selbst wenn jemand die Wahrheit sagt, verfälscht er mit der Sichtweise auf die Frage die Antwort und somit den Wahrheitsgehalt.

Dies betrifft natürlich nicht Fragen um Fakten, wie Uhrzeit, Alter, Maasangaben oder sonstige eindeutige Inhalte, sondern vielmehr  Fragen die um Enpfindungen und Sichtweisen gehen.

Um also nicht verfälschte Antworten zu bekommen und irgendwelchen gefühlten Wahrheiten auf dem Leim zu gehen, habe ich recht früh angefangen,
so zu tuen als wenn ich nach links gucke, aber in Wirklichkeit geguckt was rechts abgeht.

Kleines Beispiel:
Ich rede mit jemanden über Erziehung von Kindern, haue raus welche Sichtweisen ich habe und begründe diese. 
Dadurch das ich keine direkte Fragen stelle, antwortet mein Gegenüber nur auf das für ihn wichtige in meiner These.
Mein Gegenüber hat keine Chance ab zu wägen, was ich jetzt hören möchte oder durchzuspielen, welches jetzt die richtige Antwort wäre, um seine Position zu stärken.
Somit muss er sich entweder mit der Faktenlage auseinander setzen und wir bekommen eine richtige anregende Unterhaltung über das Thema zu Stande, oder er reagiert nur auf Signalworte und mehr auf das wie ich es sage.
Zweiteres ist wie eine kleine Klebefalle.

Dadurch wie mein Gegenüber sich entscheidet, verrät er mir was er wirklich möchte oder was ihn wirklich stört.

Ich kann Erkenntnisse sammeln und finde heraus das mein Gegenüber es zum Beispiel nicht leiden kann, das ich so tue als wäre ich mir zu 100% sicher.
Es geht nicht mehr um das eigentliche Thema, sondern das mein Gegenüber ein Problem mit Menschen hat, die ihre Meinung wie in Fels meißeln.

Hieraus kann ich vielmehr Rückschlüsse ziehen, als wenn ich jemanden direkt frage, ob er tollerant oder gelassen ist.

Fragst du Menschen, ob sie relaxt im Leben sind, sagen dir die Menschen zu 80% das sie sie super relaxt sind.
Warum brauche ich dann aber manchmal nur 10min um Menschen zum sabbern vor Wut zu bekommen, obwohl wir gerade nur über Gummibärchen geredet haben...

Das Beispiel ist vielleicht nicht perfekt, aber es soll nur verbindlichen, wie man die Aufmerksamkeit des Gegenübers auf links zieht und dabei die offengelegte rechte Seite in aller Ruhe auslesen kann.

Mir fällt da ein noch besseres Beispiel ein, welches ich Frauen bei Datings empfehlen kann:

Frauen meinen ja immer, das es schwer ist ein Arsch oder Schwätzer beim ersten Date zu entlarven.
Das würde sich ja meistens erst hinterher rausstellen.
Die Wahrheit ist, die meisten Frauen wollen das es sich erst hinterher rausstellt und sie erstmal Zeit mit ihm verbringen können.
Die Ausrede, er hat sich erst hinterher als Arsch rausgestellt, liegt einzig daran, das die meisten Frauen überhaupt keine Versuche starten einen Arsch von Anfang an zu entlarven.

Mit Fragen was er arbeitet, oder was er gerne in seiner Freizeit macht kommen sie keinen mm weiter.
Zudem habe ich ja oben erklärt, das ein Mensch bei direkten Fragen genug Zeit zum nachdenken hat, um dann die perfekte Antwort zu liefern.

Nehmen wir jetzt mal die links schauen, rechts beobachten Taktik und erzählen dem Herren am Anfang des Dates das man Tiere über alles liebt!
Dein Herz weint vor Glück wenn du sie siehst und du wärst gerne mal Tierärztin geworden.
Danach fragst du ihn, wie er zu Tieren steht und ob er sie auch mag.
Zu 90% wird der Mann natürlich sagen, dass er Tierlieb ist.
Er weiß das es ziemlich unklug wäre, einer Tierliebhaberin zu sagen, das er keine mag.

Jetzt lässt du 1-2 Stunden verstreichen und erzählst wie du gestern Abend nicht einschlafen konntest da die Nachbarstöle keine Ruhe gegeben hat.
Du hättest hinterher ne Flasche nach ihr geworfen und das Drecksding wäre endlich ruhig gewesen.

Der Typ der dann lacht oder meint richtig so, oder hatte er auch schonmal erlebt, das ist dein Arsch...

Entweder redet er dir nur nach dem Mund um dich irgendwie auf seine Seite zu ziehen, oder er hat keine eigene Meinung was für dich nicht weniger interessant sein dürfte, oder er ist einfach nur ein Lügner weswegen du ihm dann eh kein Wort mehr glauben darfst.

Wenn du das Beispiel jetzt auf unzählige Behauptungen ummünzt, kannst du deinem Gegenüber in einer Stunde ein Mienenfeld von solchen Mausefallen stellen.
Sollte er Schadenfrei durch den Abend kommen, stehen die Weichen nicht schlecht, das er keiner dieser Ärsche ist.
Vielleicht verdammt clever und auf zack, aber das kann ja durchaus auch sehr anziehend sein, so das man dann über die negativen Dinge drüber hinweg sehen kann ;)

Ich habe mir also angewöhnt, wenn ich jemanden nicht kenne, zeige ich ihm erstmal nicht was ich genau beobachte, damit ich meine Wahrheiten ziehen kann.

Wenn ich dann merke, das mein Gegenüber mit offenen Karten spielt und die Werte im Inneren meinen Vorstellungen von moralischer Ethik entsprechen, kann ich getrost sagen, das ich einen tollen Menschen in mein Leben lasse.

Menschen die man dann gut kennt, muss man nicht erneut testen, aber man kann immer mal wieder Stichproben nehmen ;))

Simon fand die Antwort wohl ganz nett und haute dann aufeinmal raus, das er überglücklich ist uns getroffen zu haben und das genau solche Unterhaltungen ihm nach der Reise in Erinnerung bleiben werden.
Er hatte das so schön rüber gebracht, das ich wirklich kurz Gänsehaut hatte.

Er ist ja selbst ein stolzer Mensch mit vielen Gaben im Leben und wenn derjenige dann vor dir sitzt und meint das eine Begegnung mit uns ihm soviel Mehrwert geben kann, dann ist das das schönste Geschenk was man mir geben kann.

Wir hatten die letzten Tage schon über das Tiggern von Menschen gesprochen.
Also Menschen immer mal ein Finger in die Seite zu pieksen um zu schauen wie sie so ticken und welche Eigenarten sie haben.
Mache ich gerne bei Bewerbungsgesprächen um zu schauen ob der Kandidat die Wahrheit sagt oder wie er auf emotionalen Stress reagiert.
Einfach mal wilde Behauptungen aufstellen, oder ein bisschen lauter werden, mit viel Input überschütten oder einfach aus dem Konzept bringen, viele Menschen können unter solchen Stress keine Fassade aufrecht erhalten und dann schaust du Menschen aufeinmal ins Gesicht und begrüßt sie dann endlich von Angesicht zu Angesicht ;)

In der Summe hatten wir also neben der Astrologie mehrere Techniken um ein feines Gespühr für Menschen zu entwickeln.

Wenn ich manchmal mit Menschen darüber spreche, höre ich oft, dass ihnen das zu anstrengend wäre, über sowas nachdenken zu müssen.
Sie tuen es als Spielereien ab oder bekommen gar Angst noch irgendwas zu sagen, weil sie nun wissen das ich sie beobachte ;)

Aber mal ehrlich, wie kann man sagen, es sei einem zu anstrengend Menschen lesen zu wollen?
Klar, wer nicht will der hat schon, aber dann soll man auch seine eigene Suppe genießen.

Ich muss als Mensch nicht andauernd die falschen Menschen kennenlernen, das Schicksal meint es auch nicht schlecht mit dir, nur weil du wieder mal einen Arsch in dein Leben gelassen hast, es hat vielleicht auch einen Grund warum man andauernd mit Menschen aneckt oder sich häufig auf der Arbeit mit Menschen streitet...

Es liegt an jedem selbst, sich in diesen Themen weiter zu bilden, oder die Einschläge dann wenigstens mit erhobenem Haupte zu ertragen.
Jammern finde ich an der Stelle im übrigen äußerst würdelos.
Zu sagen, das man sich damit nicht beschäftigen möchte, aber dann jammert, wenn man mal wieder falsche Entscheidungen getroffen hat.....
Von nichts kommt nichts !!!

Als die Flasche dann leer war, sind wir dann zu einem empfohlenen Italiener in dem Städtchen.
Wieder ein richtig super Italiener, aber diesmal ein wenig im Berlin Style.
Hippie Bedienung, Rammsteinmusik im Hintergrund und alles sehr rustikal...

Ich war gespannt auf das Essen...
Und wurde auch nicht enttäuscht....

Hammer Pizza, Hammer Pasta...

Die Bedienung fragte 10x ob alles super sei und wenn wir ja sagten, hat er sich 100x bedankt...
Super süß waren die da...

Danni meinte das das Geheimnis einer guten Pizza an dem Teig und der Soße auf dem Teig liegt...
Hier hat sie als Italienerin anstandslos alles gelobt...
Mehr geht nicht... ;)

Wir bestellten noch Tinto de Verano und einen kleinen Limocelli...
Die Mädels wollten eigentlich nicht mehr, da der Sekt schon ziemlich Wirkung gezeigt hatte, aber das lasse ich ja bekanntlich nicht durch gehen.
Alleine trinken macht süchtig und sie machen mich nicht zum Alki ;))

Um 23Uhr sind wir dann nach nem schönen Abend ins Bettchen gegangen.
Tagebuch schreibe ich lieber im nüchternen Kopf ;)

Wie sich jeder denken kann, habe ich das Bett und das Zimmer nach dieser Nacht seeeehr genau inspiziert.
Sah soweit alles sauber aus...
Ich hoffe das bleibt auch die Nacht so ... ;)

Anekdote des Tages:
Ein Löwe kämpft gegen Elefanten, aber Bettwanzen sind sein Untergang ;)