Eigentlich wollte ich den
Morgen um 09-10Uhr aufstehen und den Tag ganz gemütlich beginnen,
da war aber bei dem Krach,
der über mir her kam, nicht im entferntesten dran zu denken.
Abends bemerkte ich schon,
das man jede Bewegung und jede Atmung, von dem Zimmer oben drüber vernimmt.
Morgens wurde ich dann
erwartend um 7:30Uhr vom Getrampel und Unterhaltungen geweckt!
Na toll, hätte ich auch ne
Herberge nehmen können, wollte ja extra noch mal ein bisschen Ruhe Tanken...
Half dann aber alles nichts
und ich fing an, mich auf den ersten Marsch vorzubereiten.
Kleidung sitzt, alle
Utensilien ordentlich im Rucksack verstaut und noch ein letzter Blick in den Spiegel!
Da stand ich da, bereit
meine ersten km ab zu spulen.
Ehrlich gesagt habe ich mir
keine großen Gedanken gemacht, denn ich wusste um so mehr ich drüber nachdenke, um so lauter werden die Stimmen der Gewohnheit, die sagen;
„Dennis, was machst du hier
?!“
Also um 8:30Uhr runter
geflitzt, dem Herren der privaten Unterkunft noch freundlich Tschüss gesagt und rauf auf die Straße!
Nachdem ich merkte das es
wie angekündigt nass war, entschied ich mich also für die Alternativroute.
Angeblich die harmlosere
von beiden und bei schlechtere Witterung auch angeblich die sichere.
Da ich nicht ganz ohne
Frühstück starten wollte, habe ich mir noch schnell ein Brötchen unterwegs gesichert und bin dann wie im Pilgerbuch beschrieben Richtung dem Santiagotor gegangen.
Die ersten km waren
eigentlich ziemlich schnell gerockt.
Meiner super praktischen
Apple Watch sei dank, konnte ich jeden Meter und meinen Puls stets im Blickfeld behalten und war verblüfft, wie schnell und unproblematisch ich voran kam.
Teilweise habe ich es sogar
ein wenig genossen.
Die Ausblicke auf die Berge
waren beruhigend und anmutig zugleich.
Satte grüne Wiesen, viele
Berge (Die Pyrenäen), süße kleine Dörfer mit 10-20 Häusern...
Irgendwie aber auch lustig
, da es mich ein wenig an die alte Heimat, dem Siegerland erinnerte!
Hätte ich das vorher
gewusst, hätte ich auch bei der Familie wandern gehen können ;)
Nach einer Stunde hatte ich
schon 5,5km auf der Uhr und habe mir im
nächsten Dorf einen
Orangensaft und ein Toastbrot zur Stärkung gegönnt.
Auch die nächsten 5km waren
schnell abgespult , so das ich immer mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein für mich gewann.
In diesem Stadium genießt
man wirklich jeden Meter der Natur und saugt Bilder wie Luft förmlich in sich auf.
Fängt ja gut an, dachte
ich.
In Gedanken habe ich dann
schon jedem hier im Blog empfohlen, es unbedingt auch zu machen und sich keine Sorgen über die Härte der Mission zu machen.
Schließlich habe ich
Couchpotato gerade 10km ohne mit der Wimper zu zucken abgespult und es ist noch nicht das leiseste Anzeichen von Fussweh oder Wadenkrämpfen ab zu sehen.
An dieser Stelle möchte ich
meine ausgewählten Trackingschuhe von Adidas und meine Wandersocken für 17 Euro das Stück lobend erwähnen.
Man hat ja vor dem Start so
seine Bedenken, aber die Kombination fühlte sich vom ersten Km super an. Am Ende meiner Reise werde ich dann mal die Produkte nennen, wenn sie den ganzen Weg das gehalten haben, was sie
bis hier hin dann auch versprechen.
Meine Trackingstöcke waren
bis hier hin nicht wirklich stark im Einsatz, da es meist gerade aus ging. Erstmal war es ungewohnt und ich hasse eigentlich die Dinger, weil ich immer schon dachte das man wie ein Idiot
damit aussieht ;)
Langsam war es dann auch 12
Uhr und die deutsche Uhr im griechischen Herzen zeigte Mittagspause an ;)
Laut meinem Pilgerbuch war
ein kleines Dörfchen ungefähr 1km von mir entfernt und so schritt ich voran, um mir ein schönes Plätzchen zum Rasten zu suchen.
Noch bevor der Plan ganz
zuende gesponnen war, sah ich vom weiten schon einen steilen und heftigen Anstieg des Weges.
Einmal noch klettern und
dann Mittag, passt schon.
So war der
Gedanke!
Als ich diesen kleine
Anstieg erklommen hatte, war ich klatsch nass geschwitzt, meine Pumpe war auf 158 gestiegen und die Schnappatmung war für jeden um mich rum herrlich mit an zu sehen ;)
Was war das, dachte ich mir
nur.
Am Ende des Anstiegs kam
man in einer kleinen Gasse raus, die zu einer Hauptstraße des Dorfes führte, wo ich auf der gegenüberliegenden Seite ein Cafe entdeckte.
Absolut fertig von diesem
Todesanstieg und ein wenig erschrocken legte ich draußen meinen Rucksack und die Stöcke ab, ging hinein und versuchte die spanische Speisekarte zu entziffern.
Überfordert mit der
Situation, nass geschwitzt und am ölen wie eine Tropfsteinhöle fragte ich dann erstmal nach nem riiiiesigen Wasser!
Die Verkäuferin lachte und
reichte mir erstmal das Wasser und wegen meines englisch dann auch direkt mal die englisch-sprachige Speisekarte.
Ich entschied mich für
einen Thunfischsalat.
Schließlich bin ich ja in
gesunder Mission hier unterwegs ;)
Als ich dann raus ging und
ein älteres Ehepaar sitzen sah, welches definitiv auch nach Pilger aussah, konnte ich nicht glauben, wie die da lachend und ohne einen Tropfen Schweiß, ihren Kaffee genossen
haben.
Verdutzt ging ich hin und
fragte neugierig:
Sorry, aber warum seit ihr
noch so munter und ich sehe aus als hätte ich nen Boxkampf hinter mir?!
Sie meinten dann das sie
nicht in St.jean gestartet sind , sondern gleich erst von hier starten würden.
Ok, Glück
gehabt!
Kurzzeitig hab ich mich
echt geschämt gegenüber 3x so älteren Leuten so krass fertiger aus zu sehen ;))
Das Wetter lockerte
dann mehr und mehr auf und die Sonne begann schön auf der Haut zu prickeln.
Eigentlich
glücklich darüber, war ich trotzdem ein wenig enttäuscht!
Hätte ich doch den
anderen Weg, den harten, den mörder Berg laufen können.
Wie klingt das,
dass man die leichtere Alternativroute wegen schlechtem Wetter gelaufen ist und mittags dann strahlender Sonnenschein zum Vorschein kam...
Leider konnte ich jetzt
nichts mehr ändern und somit nahm ich das Schicksal dann auch so an.
Nach dem Essen bin ich
schliesslich weiter gezogen und auch die nächsten 7km waren super schnell abgelaufen.
Nach dem Anstieg musste ich
aber eingestehen, das in den Kniekehlen und und im hinteren Oberschenkel ein wenig das Zwicken anfing.
Ich denke aber, ganz
ohne wäre auch unnormal, daher habe ich dem keine große Bedeutung geschenkt.
Man ist überrascht, wie
schnell der Körper den Schmerz betäubt und man nur einen kleinen Stich oder ein Ziepen merkt.
Sätze wie; ersten Tag
gerockt wie eine Gazelle, lagen schon in meinem Kopf bereit, nur um stolz ins Tagegebuch geschrieben zu werden.
Die 11 kg am Rücken merkte
ich fast garnicht.
Der Rucksack, den ich bei
Globetrotter bersorgt hatte, erfüllte perfekt seine Aufgabe!
Das Gewicht nicht auf den
Schultern zu tragen, sondern schön auf der Hüfte.
So nährte ich mich dann den
letzten 5km der Etappe!
Siegessicher und voller
Freude, so einen tollen Tag hingelegt zu haben, steuerte ich auf ein paar hintereinander liegenden Anstiegen zu.
Puh, das ist ja nochmal
intensiv dachte ich mir.
Nach 10min. musste ich eine
Pause einlegen.
Die Pumpe war am
pulsieren.
Nach 5min. bin ich dann
wieder weiter.
Nurnoch 5km Dennis, los
jetzt.
Der nächste Anstieg
folgte..
Nach 10min musste ich
wieder Pause machen.
Das gibts doch nicht,
dachte ich mir.
Was denn nun
los.
In dem Tempo werden die 5km
aber verdammt lang.
Es war mittlerweile ca.
14-15 Uhr.
Eigentlich hatte ich
gerechnet für die letzten 10 km auch nur so 2-2,5h zu brauchen.
So aber gewiss
nicht.
Ich raffte mich also wieder
auf, wollte jetzt ein wenig mehr Gas geben und war guter Dinge,das die Strecke gleich wieder schöner wird.
Pustekuchen
war.
Was dann folgte war ein
wahrer Alptraum.
ungelogen, ich habe gedacht
ich sterbe.
Hinter jeder Kurve im
Anstieg, dachtest du , da gehts hoffentlich jetzt mal wieder gerade oder Bergab.
Angekommen in den Kurven,
war es jedes Mal ein noch schlimmerer Anstieg.
Teilweise an Abgründen
entlang, oder mega engen Buschwegen, wo alle Dornen nach dir griffen.
Ich begann zu
fluchen!
Habe mehrmals laut gerufen
ob mich jemand hier verarschen mag.
Es hörte wirklich nicht
mehr auf.
Ich weiß nicht ob sich das
jemand beim lesen vorstellen kann, wenn du mit 1kmh pro Stunde nen Berg im Zickzack erklimmst, und jedes Mal hoffst das es gleich zuende ist, weil es ist ja der „leichte“ Weg, aber
jedesmal es noch brutaler wird und du auf deiner App siehst, das du gerade für 2km 1,5h gebraucht hast und 3 noch folgen.
Zu allem übel ging dann
mein Wasser alle und ich hatte kein Proviant mit.
Ich konnte nicht
mehr.
Demoralisiert, absolut am
Ende meiner Kräfte, habe ich mich von Kurve zu Kurve geschleppt.
Nach jeden 100m musste ich
mich setzen und kurz ausruhen, weil es nicht mehr ging.
Es war nicht so das meine
Füße oder meine Beine nicht mehr wollten, es wurde mir einfach teilweise schwarz vor Augen...
Bestimmt 10x so betrieben,
kam aufeinmal 2 Frauen um die Ecke.
Natürlich wollte ich mir
keine Blöße geben und bin sofort auf,rief Holla und bin weiter.
50m später war die Show
dann aber wieder vorbei.
Ich musste wieder den
Rucksack Absätzen, weil es wieder schwarz vor Augen wurde.
Sie fragten mich dann, ob
alles ok war.
Ich muss ankommen und ins
Restaurant, stammelte ich.
Geistesgenwertig boten Sie
mir Essen an.
Was ich zunächst
ablehnte.
Dann fragte eine Dame, ob
ich wenigstens ein bisschen Schokolade möchte.
Als mein Kopf Schokolade
hörte reagierte er dann doch wieder schnurstracks und willigte dann letztendlich ein.
Ehrlich , das war meine
Rettung!
Ohne den Zucker, weiß ich
nicht, wie ich diesen Berg jemals wieder verlassen hätte können...
Die Damen haben sich dann
echt toll um mich gekümmert.
Mich neu motiviert und wir
sind dann zusammen die letzten 3km gelaufen.
Angekommen sind wir dann
endlich um 19uhr und es wurde langsam kalt, dunkel und es begann zu regnen.
Länger hätte ich also
wirklich nicht brauchen dürfen, das wäre ziemlich kritisch geworden.
Es heißt der Camino hat
seine Engel!
Ich hatte die,mit meinen
Zuständigkeitsbereich, zum Glück rechtzeitig gefunden.
Es stellte sich raus das
die beiden Irinen sind und Mary und Muriel heißen.
Beide so um die 45 und das
Herz am rechten Fleck!
Ich hätte keine
humorvolleren und tolleren Retter finden können.
An dieser Stelle einen
riesen Dank an meine irischen Schutzengel.
In Ronservallies
angekommen, habe ich mir ein Hotel gesucht, da nach dem Tag definitiv keine Herberge in Frage kam.
Das habe ich mir dann auch
80Euro kosten lassen. Der Preis war mir nach dem Erlebnis definitiv egal.
So ein Horrortag, wobei es
so lange aussah, als wenn ich ohne Probleme durch komme.
Der Schock saß tief und ich
fragte mich ;
Wenn das der leichtere Weg
war, was muss wohl auf dem anderen Weg abgegangen sein?
Aber richtig frech fand
ich, das man über die Gefährlichkeit dieses Weges null hingewiesen wird.
Dieser Weg wird als
Baby-Weg deklariert und alle die ich gesprochen habe, fanden den Weg auf den letzten 5km absoluten Horror.
Ich bin natürlich kein
Outdoorprofi und natürlich war es mein erster Tag , gepaart mit dem fehlenden Wasser und dem fehlenden Essen war es natürlich auch sehr unglücklich, aber so eine Etappe so zu
verharmlosen, finde ich wirklich Fahrlässig.
Als ich dann eingecheckt
bin, habe ich meine Sachen abgelegt und bin nochmal zum Restaurant, wo die beiden Schutzengel auf mich wie verabredet warteten.
Ich hatte drum gebeten, das
ich beide auf ein Bier einladen darf, als Dankeschön, das sie mir mit der Schokolade das Leben gerettet haben ;)
Beim Bier erfuhr ich dann,
dass sie eine 5 Tagestour machen, einfach mal um den Kopf frei zu bekommen.
Sie liefen also nicht den
gesamten Camino, da sie leider so viel Zeit am Stück nicht zur Verfügung hatten.
Ansonsten plauderten wir
noch über Irland und das es bei Ihnen Zuhause teilweise ähnlich wie auf dem Camino aussah.
Um 23 Uhr waren wir dann
entgültig fertig und haben uns verabschiedet.
Da unser schwarzer Humor
sich sehr gut verstanden hat und sie ja ab jetzt meine Schutzengel waren, haben wir uns direkt für 9Uhr am nächsten Morgen zum laufen verabredet.
Nach dem Tag, hätte ich
erstmal kein Interesse mehr alleine zu laufen ;)
Hoffen wir das der nächste
Tag besser wird, auch wenn ich stolz bin, dieses Mistding bezwungen zu haben.
Knapp, aber Sieg
;)
Anekdote des Tages :
Du sollst den Tag nicht vor dem Abend loben 🙈