Beloarado - Ages

265,89 km

Ist der Berg auch noch so steil, a bissel was geht allerweil ;)

Sie haben es wieder getan!!!

06:30Uhr tippte es an meinen Füßen.
Irgendwas auf spanisch erzählte der älter Herr.
Als er 5x gestikulierend aufs Licht zeigte, wusste ich, was er wollte.

Wird immer besser!
Der erste Opa machte einfach das Licht an und jetzt kommt der nächste Opa und nötigt mich auchnoch selbst das Licht an zu schalten für ihn.
Was kommt als nächstes?

Ich fühle mich gepeinigt und wieder mal um meinen Schlaf betrogen.

Ich hasse die Herbergen!

Nichts wie los, an einen besseren Ort und bitte wieder Hostels oder Hotels.

Leider lies der Guide und das Angebot auf Booking für das Etappenziel nicht viel Hoffnung übrig.
Nur eine Herberge und bei booking kein Angebot im Umkreis von 6 km.

Naja, erstmal in Bewegung setzen und vielleicht ergibt sich ja ein Dorf früher oder später noch eine unverhoffte Möglichkeit.

Birgitte lief schon vor, während wir uns noch sammelten und noch einen Orangensaft zur Stärkung zu uns nahmen.

Über die zweite Irin verliere ich einfach kein Wort mehr, falls sich jemand wundert warum die Anzahl der Leute so schwankte oder jemand durcheinander gekommen ist.
Die Freundin von Fiona war so oft einfach weg und wieder da, das ich jeden Leser einfach nur irritieren würde.

Somit sind Sofie die Kanadierin , Fiona die Irin und ich dann ein wenig später los.

Nach 5 km lagen wir wieder mal gut in der Zeit, daher gönnten wir uns dann erstmal ein kleines Frühstück.
Leider diesmal nicht an einem herzlichen Ort mit Leckereien, sondern nur nem ausgetrocknetem Baguette mit Wurst auf Klappstühlen an einem wackligen Langnese-Tisch.
Das Ketchup machte es halbwegs ertragbar ;)

Danach zogen wir weiter.
Der Tag lief eigentlich gut, außer das es echt ein paar miese auf und abs gab, die meinen Puls teilweise auf 145 hoch schießen ließ.

145 bpm ( Beats per minute) zeigt meine Uhr an , klingt irgendwie als wenn ich Scooter als Herzrythmus inne habe. ;)

Im Reiseführer steht, das es damals sehr gefährlich war, wegen Raubüberfällen und wilden Tieren, heute sei es nurnoch gefährlich wegen der steilen Steigungen.
Hätte ich mal vorher lesen sollen, dann wäre mein Rucksack mit dem Taxi vor gefahren.

Naja, auch das meisterten wir sehr gut.
Auch wenn ich mich wiederhole;
Großes Kompliment an Fiona, die mit kaputten Knie diese Challange genauso absolvierte wie wir.

12 km vor dem Ziel, kam die letzte Möglichkeit zu essen oder sich mit Bargeld etc. ein zu decken.
Wir entschieden uns also in einem kleinen Restaurant unsere Mittagspause zu machen.

Dort trafen wir dann diesmal wieder eine größere Gruppe von deutschen und diesmal Israelis.
Ähnliche Verhaltensmuster wie die berühmte Ballermanngruppe, aber die Leute da waren wirklich sympathisch und nicht ganz so aufgedreht.
Das war in Ordnung und ich empfand sie als ganz angenehm.

Dem einen Israeli brachte ich noch ein wenig deutsch bei;
„Du hast schöne Augen“ und half ein wenig bei seiner Mission ;)

Abends beim Essen fragte ich mich erneut, ob es vielleicht auch was für mich wäre, mit einer jüngeren Gruppe unterwegs zu sein und auch wenn diese jetzt wesentlich sympathischer war, kam ich wieder zu dem Entschluss, das ich das nicht möchte.
Ich habe gleichaltrige und jüngere Freunde in der Heimat!
Ich habe eine große Anzahl an lustigen Individualisten in meinem Freundeskreis.
Wir erleben so viel Spaß gemeinsam und reißen geniale Partys, egal wo wir gerade sind..

Nein, ich brauch das hier nicht!
Ich habe auch nicht das Bedürfnis zu den coolen Gruppen zu gehören.
„Überlasse die Bühne den anderen , Dennis“
So sagte ich es mir und es fühlte sich richtig an.

Wenn ich Party haben hätte wollen, wäre ich mit meinen obercoolen, verrücktesten aller verrücktesten und herzlichen Freunden nach Amerika geflogen und hätte geil auf dem Burning Man abfeiern können, anstatt zu den anonymen Spaziergängern zu gehen.

Naja und so zogen wir dann nach dem Mittag alleine weiter, was sich wie gesagt, beim Abendessen als die intuitive, richtige Entscheidung raus stellte.

Als wir gefühlt den Himalaya erklamen und teilweise „Wände“ hochklettern mussten, waren wir nach 8 km wirklich schon gut geschlaucht.
Na ratet mal, was dann wieder aus dem nichts auftauchte? ;)

Wieder mal wie eine Halluzination, tauchte aus dem nichts eine Bar mit lauter Leuten auf.
Diesmal sah es von weitem ein wenig aus, als wäre eine Jugendschaar gerade bei einem Indiakertunier ( Badminton mit Holzschlägen und nem Sandsäckchen mit Federn, als Ball ) ;)

Ich denke, das Bild zeigt ganz gut, wie der erste Eindruck war, als wir ankamen.

Es wurde laute, spirituelle Musik gespielt und es gab sogar ein paar Tricks mit nem
Hund die vorgeführt wurden.
War wirklich wie ein Sommercamp.

Was auch sehr oft unterwegs zu finden ist, wie hier dann auch;
Du bezahlst keinen festen Preis, sondern du schmeißt so viel Geld in eine Box, wie du für angemessen hälst.

Naja mit dem ganzen Entertainment, werden die schon wissen, das jeder überschwänglich mehr rein schmeißt.
Sei ihnen aber auch gegönnt.
Mitten im Wald sowas den Pilgern an zu bieten ist schon klasse.

Wir genossen es eine halbe Stunde und dann mussten wir auch weiter.
Alle waren flotter unterwegs und wie gesagt, gab es diesmal zum allerersten Mal Betten-Mangelware.

Als wir dann endlich in St Juan de Ortega angekommen sind, meinte Sofie das 3,4km weiter ein Ort kommt, wo es 3 Pilgerherbergen gibt und nicht nur eine.
Nachdem wir die eine mal kurz besichtigt haben, wo 40 Betten in einem großen Saal vor zu finden waren, ich erfahren habe, das es keine Zigaretten in dem Ort gibt, war das Weitermarschieren beschlossen.

Die Hoffnung dort ein Hostel zu finden, bestärkte mich auch trotz krasser Fußschmerzen, noch einmal auf die Zähne zu beißen.

Da der nächste Tag normalerweise 25.5 km hatte, war es zudem noch ziemlich nett, 3,4 km davon noch heute ab zu liefern...

Gesagt getan...

Dort angekommen, war es ein sympathischer kleiner Ort, namens Ages...
Wir hatten Glück und haben eine nette Herberge bekommen, da unser Geist schon vorgelaufen war und für uns reserviert hatte.
Doch schon praktisch einen Geist in der Gruppe zu haben.

Hostel war nun gestorben.
Als ich aber gesehen habe, das wir in einem Nachbarhaus wiedermal auf dem Dachboden untergebracht waren, war es für mich ok.
Keine Doppelbetten und wieder direkt an der offenen Fensterluke...

Wir hatten sogar für 8 Leute die wir auf dem Dachboden waren, ein eigenes Bad mit Dusche.

Also keine Sammeldusche wo man quer durchs Haus muss.

Wir teilten es mit 3 Australiern.
Vater, Mutter und Tochter!
Die waren auch ganz cool drauf und als die mir noch sagten das sie so bis 9 Uhr schlafen wollten, war die Welt für mich gerettet ;)
Endlich mal normale Leute ;))

Nachdem wir duschten und bis 19Uhr ein wenig auf den Betten relaxten, sind wir dann raus um was nettes zu finden.
Rechts gabs wieder klassisch diese Massenabfertigungsmenüs und links war ein kleines süß aussehendes Fachwerkhaus, was mit kleinen schmucken Details, wie Wanderschuhen an der Wand oder süßen Blumentöpfchen auf liebe zum Detail hinwies...

So sind wir dann rüber...

Beim betreten des Lokals merkten wir schnell, huiii, hier wird ja noch selbst gekocht.

Ein älteres Ehepaar hatte wohl den unteren Bereich ihres Hauses zu einem kleinen schmucken Restaurant mit 4 Tischen umfunktioniert.

Neugierig was da kommen mag, haben wir es dann auch nicht krumm genommen, das wir ca. 20min warten mussten, bis der Herr des Hauses dann mal zum Bestellung aufnehmen zu uns kam.

Sofie sei dank, wählten wir dann aus verschieden Möglichkeiten, die der Herr auf Spanisch vortrug.

Was dann aufgetischt wurde, war einfach nur köstlich.

Selbstgemachte, deftige Suppe mit Bohnenähnlichen einlagen, spanischer Paprikawurst und Gemüse allerlei...

Als Hauptgang kleine Rippchen, wo das Fleisch schon vom Knochen abfiel, dazu Reis und eine traumhafte Bratensauce.

Beim Nachtisch konnten wir dann zwischen Obst und selbstgemachten Gebäck wählen.

Es war so schön, endlich mal vollends hausgemachte Küche genießen zu dürfen.
Und der Dame sogar beim kochen zusehen zu dürfen.

Am Ende haben wir noch Fotos mit dem Ehepärchen gemacht.
Uns einen Stempel für den Pilgerpass geben lassen, den sie auch noch selbst mit Blumen und Herzchen verschönert haben.

Zu dem leckeren Essen waren die beiden einfach zuckersüß und sehr humorvoll gemeinsam.
Man merkte das sie das mit Herz und Seele machen.

Alleine für dieses „Restaurant“ hatten sich die 3 km weiter zu laufen alle Male gelohnt.

Glücklich und satt sind wir dann gegen 21Uhr rüber in die Herberge, haben uns bettfertig gemacht, bis um 22 Uhr dann das Licht ausgemacht wurde.

Ich schrieb noch bis um 23:30Uhr an meinem
Tagebuch, bevor mir dann auch müde die Augen zu vielen.

Keine Opas in Sicht.
Die Zeichen stehen gut, das ich heute mal friedvoll aufwache ;)

Anekdote des Tages:
Ich werde wieder süchtig nach richtiger Hausmannskost ;)