Samstag morgen auf dem
Camino.
Hätte jemand es jemals für möglich
gehalten das ich mir den Wecker auf einen Samstag stelle um zu wandern ?
Was ist nur aus mir geworden
;)
Man verliert mit der Zeit, zum
Glück jegliches Zeitgefühl!
Welcher Tag ist heute, hört man
ungefähr 5-6 x am Tag!
Da muss dann immer selber erstmal
überlegen.
Irgendwie schön und irgendwie ja
auch genau das, weswegen man diesen Weg geht!
Hamsterrad vergessen und einfach
treiben.
So sei es und nun haben wir Samstag
und als ich das Hotel verliess, schon halb 10.
Naja, es ist Wochenende, da kann
man es ja auch gemütlicher angehen.
Faaaaaalsch.Genau eben
nicht!!!!!
Mein Ehrgeiz ist geweckt, die Zeit
wieder rein zu holen.
Die Mädels sind schon lange
unterwegs und ich habe gesagt, ich werde sie einholen.
Also legte ich einen Zahn zu und
hatte nen richtig flotten Schritt drauf.
Als ich das erste mal auf die Uhr
schaute, hatte ich nach einer Stunde 6km hinter mir.
Woaow.
Alleine laufen ist wirklich das
produktivste am Camino, wenn es nicht so eintönig wäre.
Nach ca 1,5h hatte ich dann
wirklich die anderen eingeholt.
Klar, mit Fiona im Schlepptau
konnten sie auch keine Rekorde brechen!
Es sei denn jeder läuft den Camino
einbeinig.
Von weitem sah ich die auffällige
Frisur und das pinke T-Shirt auf einer Treppe sitzen.
Das sah nach einer der so beliebten
Erfrischungsstellen der Pilgerer aus.
Und als ich dann an der Treppe
ankam, winkte mir Fiona schon schreiend zu...
Freudig begrüßten wir uns alle und
ich sah lauter andere Pilger und einen richtig süßen kleinen Buß zum Frühstücksstand umgebaut.
Davor ein paar Sitzplätze und
fertig war einer der berühmten, mobilen Bars...
Ich liebe es.
Man geht so seinen Weg über Stock
und Stein, sieht die ganze Zeit nichts außer Weizenfelder, Täler und Wiesen und dann aus dem nichts stehen da immer diese innovativen Verkaufsstellen, wo du Obst, Getränke und Sandwiches kaufen
kannst.
Piet liebt diese Plätze und wo wir
1h zum genießen verweilen, bleibt er manchmal 2-3 da und plaudert halt mit allen Pilgerern die so vorbei streifen.
Jedenfalls gönnte ich mir erstmal
wieder einen leckeren frisch gepressten Orangensaft, ein saftiges Sandwich und ein paar Honigmelonenstücke im Becher.
Zuhause würde ich diese Obstlädchen
garnicht sehen!
Hängt ja schließlich kein Fleisch
im Schaufenster!
Die anderen wollten noch die Kirche
sehen und wir blieben dabei, das ich sie eh später einhole!
Jaja ich bin schon bekannt für
meine hurtigen, flinken Füsslein ;))
Als ich fertig gefrühstückt hatte,
rauchte ich mir noch eine und zog los.
Ja, ich rauche noch!
In dem Buch was ich ja extra zum
aufhören lese, steht, dass ich nicht vorher aufhören soll, bevor ich alles gelesen habe!
Bin immernoch erst bei der
Hälfte!
Hoffe aber das ich am nächsten
freien Tag, endlich mal zuende lesen kann.
Letzte mal hab ich zu viel
geschlafen und den Blog fertig gebastelt.
Abends bin ich meist zu müde zum
lesen.
Bin dann froh, wenn ich wenigstens
noch ein paar Eckpfeiler des Tages aufgeschrieben bekomme, bevor mir dann entgültig die Augen zu fallen.
Habe jetzt immer den Rythmus,
abends alles nieder zu schreiben und am nächsten Tag noch mal Korrektur zu lesen , bevor ich den Tag dann freigebe.
Wenn ich zu müde bin, dauert es
dann auch mal 2-3 Tage ;)
Soll ja schließlich auch kein Zwang
sein, sondern alles der Entspannung dienen.
Wie dem auch sei, bin ich dann los
und habe die Anderen auch kurze Zeit später wieder eingeholt gehabt.
Der Gruppe wieder angeschlossen,
sah ich dann die Person, die in Logroño schon mit den 3 gelaufen ist, wo ich meinte das sie bis dahin sehr verschlossen war und sie daher ohne Belang für mich war.
Das sollte sich dann heute
ändern.
Sofie lief im Tempo von Fiona und
die Dame lief in meinem flotteren Tempo.
So kamen wir ins Gespräch und sie
erzählte mir das sie Birgitte heißt und aus Dänemark kommt.
Sie ist eine mitte 40er Dame die
selbstständig als Floristin arbeitet.
Wusste garnicht das man Floristen
buchen kann.
Sie arbeitet nur Mo-Do und wird in
dem Zeitraum halt als Aushilfe oder kreative Unterstützung gebucht.
In Deutschland haben die meisten
Blumenläden ja noch nicht mal genug Geld um feste Angestellte ein zu stellen, teuere selbstständige einkaufen, wäre da bestimmt erst recht nicht drin.
Wie die meisten Damen die ich hier
so treffe, war auch sie ziemlich tough.
Ich erfuhr das sie schon das dritte
mal verheiratet ist und gerade erst wieder frisch zusammen ist mit ihrem Mann.
Eigentlich hatten die sich
getrennt.
Sie erzählte mir, das sie auch
deswegen den Camino läuft, weil sie das Gefühl hat, nichts im Leben wirklich richtig zuende zu bringen.
Entweder weil es zu hart ist, oder
langweilig wird.
Sie möchte die 6 Wochen für sich
sein und raus finden was sie will.
Wieder ein Grund mehr , den ich
notiert habe, aus was für Gründen alle hier den Weg laufen.
Zu wissen was man will, ist nicht
ganz so innovativ, aber weil man nichts im Leben beendet, fand ich von einer Ü40 Dame doch schon eine seltene Antwort, aber auch eine mutige.
Das muss man sich ja auch erstmal
selbst eingestehen können.
Viele Menschen belügen sich ja
Jahre lang selbst und werden glaube ich auch niemals mehr damit aufhören.
Warum auch, hat ja Jahre lang
gerreicht um aufzuwachsen, ein Beruf zu lernen und irgendwie über die Runden zu kommen.
Aus der unsichtbaren wurde also
dann Birgitte, die sympathische toughe Dänin ;)
Wir waren ziemlich schnell
unterwegs und haben den Tag sowas von hurtig hinter uns gebracht, so das wir fast ne Stunde vor den anderen in Belorado ankamen.
Dort suchte ich dann über Booking
eine nette Unterkunft, welche ich in einem schicken Hostel auch fand.
Da ich die Anderen noch nicht
fragen konnte, ob sie auch da schlafen wollen, gingen Birgitte und ich schonmal rüber.
Als wir dann nach 20min endlich
angekommen waren, war genau vor uns das letzte 4 Bettzimmer abgegriffen.
Na toll.
Herbergen auch voll.
Ganz am Anfang am Ortseingang, war
noch eine, was definitiv noch nicht besetzt aussah, da es nicht unbedingt das Schönste war.
Och neeeee, nicht schon wieder
Herberge...
Naja, es gab wohl kein zurück
mehr!
Als die Anderen kamen, wurde dann
einstimmig beschlossen , dort hin zu gehen, auch wenn es nicht super toll aussah.
Lustiger Weise hatte diese Herberge
endlich einen Pool!
Ich konnte es kaum glauben und hab
mich in Gedanken schon drin planschen sehen, da zogen die schönsten Regenwolken auf und die Seifenblase zerplatze direkt vor meinen Augen...
„Aber das ist doch mein
Keks“
( Szene aus Ab durch die Hecke ?!
)
Da war ich wieder, gefangen im
Knast!
Als wir eincheckten habe ich dann
bis aufs Letzte dafür gekämpft, das wir in ein 8 Bettzimmer kommen.
Besser nur 3 potenzielle
Störenfriede als nen ganzen Saal von 10-20 ...
Als wir ins Zimmer kamen, war nur
ein älteres, spanisches Pärchen da und machte gerade Siesta.
Die Spanier gehen ja nicht vor
19-20Uhr essen ...
Meinem Schicksal ausgeliefert,ging
ich duschen und hab mich dann auch 1 Stündchen hingelegt.
Als wir uns dann im
aufenthaltsberreich trafen, lernten wir eine ältere Dame aus Equador kennen.
Sie konnte zwar kaum Englisch, aber
Sofie hat dann immer mit ihrem bisschen Spanisch übersetzt.
Wenn alles nichts half, gabs
Googleübersetzer.
So kam es dann, das wir mit 6
Leuten ins Dorf gingen um ein schickes Restaurant fürs Abendbrot zu finden.
Als wir ein nettes gefunden hatten,
gab’s echt leckeres Essen.
Diesmal hatte ich auch Glück und es
gab Pasta als Hauptgang.
So viel Auswahl haben die meist so
oder so nicht in den Dörfern.
Auch ohne Pilgermenü kannst du
immer zwischen 3 Vor, Haupt und Nachspeisen wählen.
Wit haben viel gelacht und ich habe
meinen ersten Sangria auf dem Camino getrunken.
In Spanien schmeckt der schon
richtig super.
Danach ging es zurück in die
Herberge und ab ins Bettchen.
Langsam merke ich immer mehr, das
ich die Pause dringen brauche.
Ich muss mich noch 2 Tage rum
schleppen und dann kann ich endlich Montag in Burgos ausspannen.
Mein geplanter Rhythmus mit 5:1/
6:1 war schon gut durchdacht.
Aber in manchen Dörfern will man
auch nicht unbedingt eine Nacht länger bleiben.
In manchen bekommst du noch nicht
mal Zigaretten.
Zudem reisen die beiden Irinnen
am
Dienstag von Burgos ab, daher will
ich mich nicht vorher ausklinken.
Die 2 Tage halte ich noch durch,
aber dann möchte ich endlich wieder ausschlafen.
Die Chance das ich diese Nacht
durchschlafe ist ja jetzt durch das 8 Bettzimmer wieder um einiges gestiegen.
Warten wir mal wieder morgen früh
ab ;)
Anekdote des
Tages:
Birgitte ist
nicht Brigitte ;)