Leon - San Martin del Camino

499,99 km

Der Löwe verlässt die Stadt

Ich möcht noch nicht geeeeehnnn ;)

Gestern der Pausentag war fast nur dem schlafen gegönnt.
Hab auch mal gerade 3 Tage nachschreiben geschafft und den Rest musste ich echt schlafen.

Den einen Tag hab ich dann ja noch gekonnt überkopiert und einfach mal 2 Stunden umsonst geschrieben, das kam gut für das innerliche Gefühl ;)

Ansonsten haben Simon, Danni und ich uns noch zum Mittagessen getroffen.
Danni ist doch da geblieben.
Die Blasen brennen noch zu sehr und sie will nichts riskieren so nah am Ziel.

Wir schlossen uns also kurz und haben dann vor der Kathedrale schön geluncht.
Danach sind die anderen beiden noch Erledigungen machen und ich bin wieder aufs Zimmer schlafen.

Abends haben wir uns nochmal zum Abendbrot getroffen und danach war wieder schlafen angesagt.

Keine Ahnung warum ich heute morgen dann das Gefühl hatte, als wenn ich noch mal einen ganzen Tag schlafen könnte, aber irgendwie brauchte ich eine Stunde um endlich aus dem Bett zu kommen und den Körper den nötigen anschreit zu verpassen.

Ich habe das die letzten Wochen so locker beschrieben, aber ich glaube langsam fängt auch mein Körper an, müde zu werden.

Das einzig gute ist wirklich, das ich ab 22-23 Uhr wirklich hundemüde werde und ich das schonmal als Geschenk für daheim ansehe.

Half ja alles nichts und so ging es mal wieder los zu einem wunderschönen neuem Wandertag ;)

Ich traf Danni an der Kathedrale und wir starteten gegen 10Uhr zum nächsten Etappenziel.
Simon hatte sich unverschämterweise einen zweiten Cheatday gegönnt und ich war ziemlich neidisch.
Dafür hat er die Etappe einfach den Bus genommen,worauf ich dann aber nicht neidisch war, da ich unbedingt die 800 km gelaufen sein will.
Jeder hat aber wie gesagt eine andere Mission hier und somit hab ich es ihm gegönnt.

Somit wären wir wieder nur zu zweit, was wiedermal Hörbuch und Musik bedeute.

Ehrlich gesagt waren die letzten Male nach meinem Cheatday einfacher.
Das einzig Gute war das wir schon fast 5 km auf dem Tacho hatten, als wir die Stadt verließen und ziemlich schnell auch weitere 5 hinter uns hatten, ohne das es zäh war.

Wir machten 2 kleine Stopps, einen bei einem
älteren Herren der vor einer kleinen Halle einen einfachen Stand mit Orangensaft, Wasser und Müsliriegel aufgemacht hatte, den anderen bei einer kleiner Hütte welche ungefähr zur Halbzeit auf uns mit Speis und Trank wartete.
Normaler weise wird hier mehr los sein, aber weil wir so spät gestartet sind, waren nur noch 3 andere Leute da.

Auch das ist positiv, weil man dann nicht zu lange an dem Ort gehalten wird und recht schnell wieder weiter geht.
Wie ich ja sagte, spricht Danni nicht so viel und somit sind auch die Pausen recht ruhig.
Wenn mal was gesagt wird, kriege ich meistens nur mein Fett weg, weil ich singe oder weil ich bei irgendwas wieder nicht mitgedacht habe ;)

Ich denke der Camino hat Danni geschickt, damit ich mal lerne einfach die Klappe zu halten und auch mal das einstecken zu lernen ;)
Des Friedens willens gehe ich meist garnicht auf ihre Flüche ein, sondern lass sie meckern und grinse immer nur zurück.
Wenn ich doch mal was zurück gebe, kriege ich dann richtig das Fett weg und von daher ist meine Lektion, nicht weiter zu provozieren und einfach zu Lächeln ;)

Das werde ich zuhause gut gebrauchen können um nicht mehr mit Hinz und Kunz über jeden Mist zu diskutieren ;)
Ich nehme mir ab jetzt vor, es wie hier zu machen und einfach zu Lächeln ;)

Lächeln und Winken wie die Madagaskarpinguine ;)

Im letzten Drittel bekam ich dann richtig heftige Magenkrämpfe.
Ich denke das lag an dem Schinkenbrötchen von der Hütte.
Kein Wunder, die liegen da bei 30Grad im Glaskasten und keiner weiß wie lange schon...

Jedenfalls brauchte ich erstmal beim letzten Stop eine kalte Cola um den Magen zu beruhigen.
Damit hatte ich das erste mal zu kämpfen und hoffte das es einmalig blieb.

Als wir endlich ankamen, sahen wir auf der linken Straßenseite eine Herberge mit Pool, das war nach dem heißen Tag genau das richtige.

Leider mussten wir noch weiter gehen, da wir unsere Rucksäcke zu einer liebevollen Herberge, einer alten herzlichen Dame geschickt hatten, welche Danni noch vom Vorjahr kannte.

Die Dame hat nur Platz für 8 Leute, aber alles ist ganz schnuckelig mit kleinem Garten und so.

Als wir ankamen, gingen wir rein um die Rucksäcke zu holen. Da sahen wir unsere beiden Rucksäcke schon links in einem Raum bei den Betten zugestellt.
Die Dame hat uns wohl schon 2 Betten reserviert gehabt, weil wir die Rucksäcke zu ihr schicken ließen.
Wie schonmal erwähnt ist das Rucksack schicken ausdrücklich nicht als Reservierung zu sehen, aber dennoch machten es die Herbergen immer mal wieder.

Da wir die Dame nicht sahen, schnappten wir schnell die Rucksäcke und schlichen uns schnell raus.
Wir hatten ein schlechtes Gewissen, da sie ja auch nur 8 Betten hat und extra für uns reserviert hatte.

Nachdem die Tür nochmal schepperte rannten wir schnell die Straße hoch und guckten noch mal ob jemand aus der Herberge schaute.

Glück gehabt ;)

Zurück zur Herberge mit dem Pool checkten wir ein und bezogen die Zimmer.
4 bettzimmer, sehr gut.
Risiko minimiert.

Wie duschten und dann ging es ab in einem selbstgebastelten freistehenden ca 1.50m großen Pool, der im Garten stand.

Mein Gott war das Wasser kalt.
Ich habe bald einen Herzstillstand bekommen.
17 Uhr ist halt nicht mehr ganz so heiss wie 15-16uhr.

Dort lernten wir dann eine bunte Gruppe kennen.
Einer war Holländer, der andere aus Skandinavien,eine aus Süd Afrika, eine aus Amerika und eine aus Kanada.

Sie waren ganz witzig und wir blödelten alle ein wenig rum und ich machte ein paar Bilder für sie.

Um 18uhr meldeten wir uns fürs Abendessen an.
Für 10 Euro gab es eine riesen selbgemachte Paella, einen Beilagensalat und Schinken mit Brot.
Als Nachtisch könnte man zwischen Melonen und Birnenstückchen aus dem Glas wählen.

Das schöne war wieder das alle Leute aus der Herberge gemeinsam gegessen haben und so lernte man wieder ein paar Leute aus den unterschiedlichsten Ländern kennen.

Lustigster Dialog war mit einer schwarzen Amerikanerin Mitte Ende 40 die mir gegenüber saß und fragte ob es mein erstes Mal wäre.
In meinem schönstem englisch und mit leicht schamhaften Gesichtsausdruck sagte ich:
„Ja es ist mein erstes Mal“ und guckte sie verlegen an.

Uiiii, erst lachten alle wegen meiner Äußerung und wie ich es gesagt hatte, aber dann hättet ihr mal sehen müssen wir verlegen sie lächelte und sichtlich schamhaft ihre Brille ablegte und verlegen schmunzelte.

Da viel ihr selber auf, das man auch anders hätte fragen können, ob ich den Camino schon mal gelaufen bin ;))

Ein wenig tat sie mir leid, da sie so lieb war und dann voller Verlegenheit unter dem Tisch versank ;)

Nach dem kleinen Aufreger löste sich dann der Tisch langsam auf und alle verteilten sich wieder auf die Herberge.
Ich suchte mir ein lauschiges Plätzchen draußen und wollte endlich wieder ein wenig schreiben.

Nach dem Cheatday war ich ja endlich nurnoch 2 Tage im Verzug.sobald ich wieder einen nicht Schreibe, wird die Lücke wieder zu groß.

So tippelte ich die ersten Zeilen vor Leon ins Handy und dann wurde ich wie immer unterbrochen.
Der Holländer kam zu mir rüber und wollte eine Zigarette.
Da er nicht einfach schnorren wollte, setze er sich zu mir und baute in Gespräch auf.
Dabei erfuhr ich das er 23 war, in den jungen Jahren schon Probleme mit Drogen hatte und deswegen den Jakobsweg geht.

Wir sprachen dann über Holland und das da nunmal alles ein wenig verrückter und härter abgeht.
Gerade das Thema Drogen ist ja ziemlich groß geschrieben da.
Insgesamt war ein sehr angenehmer Typ der für 23 echt schon sehr weit war.
Irgendwie mochte ich ihn direkt.

Er bedankte sich nach ner halben Stunde und ging wieder zu seiner Gruppe.
Ich konnte also wieder schreiben.
Bis 20min. später Danni kam und „Schau mal wer da ist“ meinte.

Ein deutschen den wir den Morgen in Sahagun, in einem Café getroffen haben.
Er frühstückte dort mit uns und erzählte das er außer Gefecht ist, weil er am ersten Tag ein Foto machen wollte, dabei stolperte und sich eine Verletzung im Oberschenkel zu Zug , sowie 2 Handys beim Sturz schrottete.
Weil
Er die nächsten Tage dann in Schonhaltung lief, machte er sich die Achillessehne dadurch kaputt und musste ins Pilgerkrankenhaus.
Die haben ihm geraten nach Hause zu fahren und 8 Woxhdn den Fuß nicht mehr zu belasten.
Die Gefahr das die Sehne reißt ist zu groß.

Wie die meisten hier, will er aber nicht aufgeben und seit dem
Läuft er soweit er kann und den Rest fährt er immer mit dem Bus.
So wie er es noch schafft.

An dem Abend erzählte er mir dann noch das er Anfang des Jahres seine Partnerin durch Trennung verlor, mit dem Auto 4000km durch Skandinavien gefahren ist, zurück musste weil sein Hund gestorben ist, seine Selbstständigkeit für einen job aufgeben musste, den er kurze Zeit später wieder verlor, weil die Firma insolvent ging.

So beschloss er den jakobsweg zu gehen und da bekam er nun den nächsten Hammer ins Gesicht.
Als ich ihm sagte das ich mit ihm leide und es ihn ja gerade echt gut erwischt, meinte er das das nicht so wild sei im Gegenzug zu dem was er vorhin erfahren hat.

Einer aus der Gruppe mit der er wohl weitestgehend zusammen läuft hat wohl mit einer Fehlgeburt zu kämpfen, wonach sich seine Frau das Leben nahm.
Das ist harter Stoff!

Da wird einem ganz schnell wieder bewusst, wo man sich eigentlich gerade befindet.
So viele krasse Schicksale.
Simon erzählte auch gestern Abend von 3 Geschwistern die die Asche ihres verstorbenen Vaters im Gepäck haben und diese bis Santiago bringen.

Wer wirklich nicht das Leben zu schätzen weiß, sollte unbedingt den Camino gehen und sich mal die Geschichten der Menschen anhören, dann weiß jeder sofort wie gut er es hat.
Oder er weiß das er nicht alleine ist, was ja auch nicht verkehrt ist.

Nunja, ich bin ja nicht nach Ibiza geflogen um bei Spass und Drinks mir die Sonne aus den Popo scheinen zu lassen...

Für die, die nicht wissen was oder wie der Camino ist, der sollte obige Geschichten einfach mal sacken lassen.
Davon hast du viel zu viele Menschen hier und leidest jedesmal mit, wenn du die Geschichten hörst.

Ansonsten hatten wir dann auch ein paar lustigere Themen und tranken noch ein Bierchen zusammen, bevor ich dann Danni im Garten suchte und mich ins haia Bett machte.

Im Zimmer sahen dann Danni und ich , das wir mit der Südafrikanerin und der Kanadierin im Zimmer waren.
Die freuten sich überschwänglich, weil sie uns ganz cool fanden.
1 Mann 3 Frauen in einem Zimmer hieß es dann.
Ich meinte kein Thema, ich kann mich anpassen.
Wir machen einen auf Spicegirl und ich bin Sportyspice ;))

So quatschten wir noch ein wenig, alberten rum, bevor wir dann das Licht aus machten.
Nach kurzer Absprache machten wir 7Uhr als Weckzeiten aus, wobei die Südafrikanerin meinte, da sie eventuell schon früher geht, wie sie aber nicht hören werde .

Na ich bin gespannt ;)

Anekdote des Tages:
Auf dem Camino lauern die harten Geschichten des Lebens und du kannst dich nicht vor verschließen!