Ponferrada - Villafranca del Bierzo

590,54 km

Mit Gesangseinlagen über dem Camino

Ein toller spanischer Morgen nach einem ungeplantem Tag Pause.

Ich wollte eigentlich die ganze Zeit schlafen, aber die anderen waren mittags schon wieder im kleinen Städtchen unterwegs.

So bin ich auch „schon“ um 13-14Uhr aufgestanden, da mein Hunger ein gutes Argument darstellte.
Den Tag Pause hatten wir ja extra wegen dem so leckeren Italiener und somit sind wir dort auch zum Mittag gegangen.
Alle haben uns direkt wiedererkannt und wir bekamen einen Tisch draußen zugewiesen, wie wir es am Vorabend vergeblich wünschten.

Diesmal war eine herrliche Calzone angesagt und als Vorspeise wollte ich eigentlich eine Suppe.
Wie ich dann lernen musste hieß Suppli nicht Suppe, sondern war gekochter Reis mit Mozzarella und Paniermehl überzogen.
War aber dennoch lecker ;)

Die konnnten was.
Nach dem etlichen gleichen Menüs, wirklich ein Hochgenuss und ein astreiner Grund um einen Tag länger zu bleiben.

Danach sind wir 3 dann an einen kleinen Fluss, wo wir bis abends verweilten.
Während die anderen dösten, schrieb ich endlich mein Tagebuch zuende und war gottseidank wieder auf dem aktuellen Stand.
Wie erleichternd ;)

Danach sind wir wieder zum Italiener und das Personal war sehr erheitert, uns in 2 Tagen 3x zu sehen ;)

Nocheinmal eine Pasta zum Abschied, bevor ich dann vermutlich wieder bis Deutschland auf gute Pizza und gute Pasta verzichten muss.
Für eine Vorspeise hat es leider nicht mehr gerreicht, da ich immer noch satt vom Mittag war ;)

Zum Abschluss nochmal auf die Dachterasse vom Vorabend und bei dem schönen Ausblick noch mal ein Tino de Verano genossen.

Eigentlich wollten wir heute um 4Uhr starten, gestern Abend haben wir dann beschlossen es erst morgen in der Herberge zu machen.
Da man dort ja eh nicht viel länger aushalten kann.
Wir haben eine wundervolle Herberge namens Leo gefunden ;)
Ehrensache, das ich die ausprobieren werde ;)

Nachdem wir also gestern beschlossen haben um 9Uhr los zu gehen, trafen wir uns heute pünktlich vor der Tür um frisch gestärkt die 24 km Etappe zu meistern.

Heute war dann auch Prämiere, Simon lief von Anfang an mit uns.
Wir haben uns so gut die letzten Tage verstanden, das wir nun auch auf dem Camino unsere geistreichen Momente gemeinsam erleben wollten.

Geistreiche Momente blieben dann aber weitestgehend verborgen, dafür sang er ein Wander und Kirchensong nach dem anderen.
Vorbei war es mit der Stille auf dem Camino.
Danni war auch mega begeistert, jetzt hat sie nicht nur einen Mitläufer, der Disneysongs rauf und runter sang, sondern noch einen, der wirklich am laufenden Band nicht mehr aufhören konnte ;)

Es war ruckartig ein ganz anderes Laufen.
Der Camino hat wohl entschieden, das ich fürs erste genug Inspiration gesammelt habe und nun wieder andere Eindrücke folgen sollten.

Ich kann von dem Tag also nicht wirklich tiefgriefendes berichten, da wir nur nonstop gesungen haben oder irgendwelchen Stuss aus Filmen zitiert haben.
Ich musste leicht schmunzeln, da ich Simon als Jurastudent kennengelernt habe, mit dem du über Gott und die Welt philosophieren kannst und der zugleich sehr anfällig ist, daraus schnell eine leidenschaftliche Diskussion über falsch oder richtig an zu fangen.
Also ziemlich ähnlich zu meiner rhetorischen Lebensart ;)
Auf dem Weg aber müssen die Leute gedacht haben, wir wären gerade aus der Klapse ausgebrochen.

Bemerkenswert war aber Dannis Ruhe dabei.
Sie hat fast nichts dazu gesagt und konzentriert ihren Weg im Blickfeld gehabt.
Als es dann ab und an überhand nahm, machte sie sich die Kopfhöhrer aufs Ohr und blendete unsere Liveperformance  der Wander-Jukebox aus ;)

Was auffiel, war das wir mehr Pause machten und ich fing an, in den Pausen Bier Lemon zu trinken.
Wenn jemand mit dir läuft ist es echt hart sich nicht auch ein erfrischendes Bier zu genehmigen, wenn es dein gegenüber gerade genüsslich am nippen ist ;)

Bier Lemon war gerade zum Mittag, bei steigenden Temperaturen mega erfrischend ;)

Nachdem ich ja vor dem Cheatday schon mal ein Ziel als erreicht abhakte, wollte ich jetzt mal wieder treiben und mich einfach wieder in die Hände des Caminos begeben.
Er wird schon wissen, für was der Stimmungswechsel mit Simon gut sein wird.

Wir sind dann um ca 16Uhr in der Herberge Leo angekommen.
Die Herberge war genauso super Süss wie auch die Dame die uns empfing.
Sie erzählte mir dann auch das ihr Großvater Leonard hieß, als sie meinen Nachnamen gelesen hatte und ich wusste nun warum die Herberge Leo hiess.
Die Herberge selbst war von innen wie ein kleines Gewölbe.
Beim Eingang eine Bar und die Rezeption, eine kleine Leseecke ein mit ein paar Büchern und wenn du weiter durch bist, kamst du in einen kleinen 10qm Hof mit 2 Tischen und 4 Stühlen, wo du schön rauchen konntest.

Zu den 2 kleinen „Schlafsälen“ wo 8 Leute in Hochbetten Platz fanden, führte eine kleine Treppe aus dem Hof.
Noch ein Stockwerk höher erkundete ich dann neugieriger weise den Dachboden aus.
Dort waren lauter Wäscheständer für die Pilgerer und 2 Betten, wo ich hinterher sah, eine Dame und ein Asiate schliefen.
Auch irgendwie komisch mit nem wildfremden Typen aus nem anderen Land einfach mal auf dem Dachboden 30cm getrennt voneinander zu schlafen, dachte ich mir.

Aber das ist der Camino.
Klar sind die Männer oft am Frauengucken oder lassen ihren Charm beim grüßen spielen, aber letztendlich ist es wie eine Familie die aufeinander acht gibt und jeder immer nur das beste im anderen vermutet.

Für mich, der Menschen und Situationen immer genau beobachtet, um notfalls alles unter Kontrolle zu haben, eine definitiv lehrreiche Erfahrung des Caminos.

Man muss nicht immer alles kontrollieren und stets hinter der nächsten Ecke die Gefahren vermuten.
Man darf auch ruhig mal in das Gute vertrauen, ohne sich ein Kopf zu machen.

Ob das Zuhause immer klappt, weiß ich nicht, aber zumindest kann man das ja mal als positive Lebenseinstellung im Blick behalten.

Ich werde aber immer ein Freund von Logik und Einschätzung  bleiben, was im Notfall nicht nur für mich sondern auch für meine Wegbegleiter eine verlässliche Achse ist ;)

Also bitte Keine falschen Erwartungen aufkommen lassen ;))

Als wir alles inspiziert hatten, wollten wir eigentlich ein Restaurant aufsuchen, um heute nicht ganz so spät wie sonst zu essen.
Da aber noch Siesta war und die meisten Restaurants erst zwischen 17-18Uhr aufmachten, haben wir spontan umdisponiert und sind den nächsten Supermarkt angesteuert.
Natürlich entschieden wir uns wieder für Pasta Bolognese.
Zum selber Kochen einfach das beste und geht halt einfach von der Hand.

So trotteten wir dann mit Getränken und Zutaten zurück zur Herberge und Danni übernahm wieder selbstlos das kochen.
Ich für meinen Teil trug zur Stimmung der Gruppendynamik bei und machte auf meinem Handy „der Schuh des Manitu“ an.

Endlich mal wieder deutsches Fernsehen und zudem haben wir den Tag über so viel aus dem Film parodiert gehabt, das ich mir dachte, das uns das mal ganz gut tut...

Auch beim Essen legten wir das Handy in die Mitte und amüsierten uns köstlich über das Meisterwerk deutscher Filmkunst ;)

Nachdem Essen haben wir uns in den Hof gesetzt und noch zu Ende geschaut.
Die anderen Herbergsbewohner waren ebenfalls sehr amüsiert, wie 3 deutsche im Hof gemeinsam auf einem Handy einen Fernsehabend zelebrierten.

Als der Film zuende war, haben wir uns noch 1-2 Bier gegönnt und den Abend langsam ausklingen lassen.

Final änderten wir dann wiedermal den Plan und entschieden uns erst um 8Uhr auf zu stehen.
Ich musste garnicht intervenieren.
Anscheinend waren die beiden so müde vom Tag, das sie es selbst beschlossen und so musste ich erst garnicht meine Überredenskunst anwenden ;)
Geschenke nimmt man schweigend und dankend an ;)

Wir putzten fein die Zähnchen und vielen dann erschöpft ins Bettchen.
Um uns rum waren 2 Asiaten und der Rest Italiener.  Ich habe aufgehört mir vorher schon den Horror der Nacht aus zu malen und somit blendete ich die Angst vor den Ruhestörern aus.
5 andere Leute bedeute meistens nicht der größte Gefahenherd bzw. es waren nicht genug Terroristen um ein ganz großes Ding zu landen ;)

Ich versuchte noch den Tag nieder zu schreiben, aber nach 4 Absätzen vielen mir schon die Auge zu.
Langsam ist das Schreiben genauso mühsam wie das Laufen.
Wenn ich es aber erst nach dem Camino mache, vergesse ich Zuviel und somit zieh ich das auch weiter durch.

Für heute ist aber nun Schluss und ich gleite langsam ins Traumparadies.

Anekdote des Tages:
Gemeinsam singt sich am schönsten ;)